Christentum
Das Christentum kam nach Belarus, nachdem sich der Kiewer Großfürst Wladimir 988 im byzantinischen Ritus taufen ließ und das Christentum als Staatsreligion ausrief. Im Jahre 992 wurde die Diözese von Polozk gegründet, und Polozk wurde Zentrum der Christianisierung belarussischer Territorien. Andere Fürstentümer schlossen sich in weiterer Folge ebenfalls der byzantinisch-orthodoxen Kirche an. Heute ist die Orthodoxie der am weiten verbreiteste Konfession im Land. Laut der letzten staatlichen Zählung von 2010 bekennen sich fast die Hälfte der Einwohner (ca. 4,5 mio) zum orthodoxen Glauben. Damit vereint die belarussische orthodoxe Kirche über dreiviertel aller Gläubigen des Landes. 1989 wurde das Exarchat der belarussischen orthodoxen Kirche gegründet, dass dem Moskauer Patriarchat untergeordnet ist. Seit dem Jahr 2013 ist Metropolit Pawel Patriarch von Belarus. Zum Exarchat der belarussischen orthodoxen Kirche gehören zehn Diözesen. In Belarus gibt es 1159 orthodoxe Kirche, über 180 Kirchen befinden sich momentan im Bau. Der belarussischen orthodoxen Kirche unterstehen außerdem fünf Priesterseminare.
Zu den wichtigsten religiösen Festen der orthodoxen Kirche gehören
- Weihnachten (7. Januar)
- Taufe Jesu (19. Januar)
- Darstellung des Herrn (15. Februar)
- Mariä Verkündigung (7. April)
- Palmsonntag
- Ostern
- Christi Himmelfahrt
- Pfingsten
- Verklärung des Herrn (19. August)
- Mariä-Himmelfahrt (28. August)
- Geburt der Allerheiligsten Gottesmutter (21. September)
- Kreuzerhöhung (27. September)
- Mariä Einführung in den Tempel (4. Dezember)
Die unierte (römisch-katholische) Kirche bildete sich im Jahr 1596 auf Grundlage der Kirchenunion von Brest und spielte eine große Rolle in der Geschichte des Landes. Die Kirchenunion war ein Zusammenschluss zwischen der römisch-katholischen Kirche und den dem Konstantinopoler Patriarchat unterstehenden orthodoxen Bischöfen von Polen-Litauen. Ziel der Union war es, die Orthodoxie vor dem Einfluss des Moskauer Patriarchats zu bewahren. Im 17. und 18. Jahrhundert erlangte sie ihre größte Ausbreitung, in ganz Belarus und teilweise in Russland, Litauen, Polen und der Ukraine.
Gemäß der Kirchenunion sollten sich die orthodoxen Gläubigen von Polen-Litauen zu den wesentlichen Dogmen des Katholizismus bekennen und sich dem Papst unterwerfen. Ein Metropolit konnte demnach erst nach der Zustimmung des Vatikan gewählt werden. Gottesdienste durften nur auf kirchenslawisch abgehalten werden. Außerdem wurden alle Besitzungen der orthodoxen Kirche der unierten Kirche zugewiesen.
Die Veränderungen stoßen vielfach auf Widerstand, weshalb die Behörden nicht selten mit Gewalt reagierten. Der Kampf zwischen unierten Katholiken und Orthodoxen schwelte lange. Mit der Zeit aber setze sich die Konfession aufgrund ihrer Privilegien gegenüber der Orthodoxie durch, und so bekannte sich allmählich die Bevölkerungmehrheit der belarussischen Territorien zur unierten Kirche (ca. 75%). 1794 wurde die Kirchunion von Katharina II. aufgekündigt. Die Unierten wurden zum Teil von den zaristischen Behörden grausam verfolgt, zwangsläufig traten viele Gläubige erneut der Orthodoxie bei. Erst im Jahr 1905, nach dem Erlaß des Toleranzedikts durch Zar Nikolaus II. durften sich unierte Katholiken zu ihrer Konfession wieder offen bekennen. Zu Zeiten der Sowjetunion erlebte die unierte Kirche wieder schwere Zeiten. Erst nach ihrer Auflösung konnte die unierte Kirche wieder aus der Illegalität auftauchen. Seit 1994 ist Jan Sergej Gajek Archimandrit der belarussischen unierten Katholiken. Das Amt des Hauptvorsitzenden dieser Kirche ist unbesetzt, in der Tat aber fungiert Jan Sergej Gajek als Vorsteher der belarussischen unierten Kirche.
Nach Angaben aus dem Jahr 2008 leben circa 10.000 unierte Katholiken in Belarus, die fünfzehn offiziellen Pfarreien angehören. Weitere zehn Gemeinden konnten sich bislang infolge einiger Besonderheiten der belarussischen Gesetzgebung nicht als offizielle Pfarreien eintragen lassen. In Belarus gibt es nur zwei griechisch-katholische Kirchen, in Polozk und in Mogiljow. In einigen Städten wurden zudem griechisch-katholische Zentren gegründet. Die Gottesdienste werden in der Regel auf belarussisch abgehalten.
Geschätzt leben heute 2.000 belarussische unierte Katholiken in der Diaspora, kleine Gemeinden finden sich in London, Rom, Prag, Warschau, Kaliningrad und Chicago.
Nach der Spaltung der Russisch-Orthodoxen Kirche in der Mitte des 17. Jahrhunderts kamen zahlreiche Altgläubige (auch Altorthodoxe genannt) aus Russland nach Belarus. Sie erkannten die Reformen und Neuerungen des orthodoxen Patriarchen Nikon nicht an und grenzten sich bewusst davon ab. Ihr wichtigstes Anliegen war den Glauben der Vorfahren zu bewahren. Die konservativen Orthodoxen wurden in weiterer Folge Altgläubige genannt. In Belarus bewahrten die Altgläubigen trotz des Lebens in einer anderen ethnischen und kulturellen Umgebung ihre kulturellen Besonderheiten. Zum Zentrum der Altgläubigen in Belarus wurde die Kleinstadt Wetka in der Nähe von Gomel im Südosten des Landes. In der Konfession existierten verschiedene Richtungen und Zweige, die Unterschiede verblassten allerdings im Laufe der Zeit.
Worin liegt der Unterschied zwischen Orthodoxen und Altgläubigen heute? Im Wesentlichen bewahren die Altgläubigen kirchliche Traditionen in der Form, wie sie seit dem Moment der Taufe der Kiewer Rus im Jahr 988 existierten. Die größten liturgischen Unterschiede sind u.a.:
- Altgläubige erkennen nur das achtendige Kreuz an. Die russisch-orthodoxe Kirche lässt im Gegensatz auch das vierendige Kreuz zu. Für die Altgläubigen ist das vierendige Kreuz ein Symbol für Häresie (eine von der offiziellen Kirchenlehre abweichende Glaubensauffassung)
- während des Gebets knien sich Altgläubige stets nieder
- sie bekreuzen sich mit zwei Fingern (Orthodoxe mit dreien)
- Prozessionen bei Altgläubigen verlaufen im Uhrzeigersinn (bei Orthodoxen – gegen den Uhrzeigersinn)
- Den Namen Christi schreiben Altorthodoxe Isus (Iсусь), Orthodoxe Iisus (Iисусь)
- Altgläubige haben zwei Heilige mehr als Orthodoxe: Awwakum Petrow und Pawel von Kolomna
Wie oben beschrieben pflegen Altgläubige ihre eigenen Kultur- und Alltagszeichen. Besonders bekannt war die Ikonenmalereischule von Wetka. Ihre Maler kombinierten altertümliche Traditionen und neue Elemente in der Ikonenmalerei. Eine Besonderheit der Ikonen von Wetka bestand darin, dass sie mit Perlen besetzt wurden. Die Beschläge wurden meist versilbert oder vergoldet.
Auch die Küche der Altgläubigen unterschied sich von der hiesigen, erhielt sie sich doch Traditionen der russischen Küche. Trotz ihres Konservatismus ließ sich die Küche der Altgläubigen im Laufe der Zeit von der lokalen Küche anstecken. Heute teilen Altgläubige und Belarussen viele identische Gerichte, nennen sie jedoch unterschiedlich. Tabak und Alkohol waren früher verboten, Tee und Kaffee hielt man für unrein.
Der Hochzeitsbrauch der Altgläubigen ist ebenfalls sehr interessant, unterscheidet er sich doch vom orthodoxen Brauchtum. Der Segen des Priesters wurde durch den Segen der Eltern ersetzt. Einerseits wird die Ehe einerseits als heilig anerkannt, anderseits als sündig. So dürfen unverheiratete Jugendliche nicht an der Hochzeitsfeier teilnehmen.
Außer Sylvester haben Altgläubige keine weltlichen Feste, die Sylvesterfeier ist daher ein sehr beliebtes Fest für altgläubige Familien.
Wie viele Altorthodoxe in Belarus leben ist schwer zu erheben, viele verbergen ihre Religion oder wohnen abgelegen. Nach Angaben der Altorthodoxen Pomorischen Kirche gibt es 38 altorthodoxe Gemeinden in Belarus (sowohl registrierte, als auch nicht registrierte). Dort sind circa 50.000 Gläubige vereinigt. Von Jahr zu Jahr verringert sich die Anzahl der Altgläubigen nicht nur in Belarus, sondern in der ganzen Welt. Die Jugend verliert das Interesse an der Religion, viele Menschen migrieren in Städte und verlieren so ihre in dörflichen Strukturen verankerte Identität. Das größte Problem aber ist sicherlich, dass die Altgläubigen strikt an ihren Dogmen festhalten, was zunehmend schwierig aufrechtzuerhalten ist in einer modernen, ständigem Wandel unterworfenen Welt.
Die Reformation in Belarus entwickelte sich in die europäische Richtung, ungefähr gleichzeitig mit der Reformation in Westeuropa. Die erste lutheranische Kirche wurde 1553 in Brest gebaut, ist bis heute aber nicht erhalten geblieben. Erste Gemeinden wurden von Deutschen gegründet. Die meisten Lutheraner kamen aus Deutschland oder haben deutsche Wurzeln.
Die erste lutherische Gemeinde in der postsowjetischen Zeit wurde im Jahr 1993 gegründet. Bis 1998 verlief die Selbstorganisation der lutherischen Gemeinden in verschieden Regionen von Belarus weitgehend isoliert. Manche schlossen sich der Gemeinschaft ELKRAS an (Vereinigung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Russland, der Ukraine, in Kasachstan und Mittelasien). Im Sommer 1999 ernannte ELKRAS den Pastor Leonid Zwiki aus Witebsk zum Stellvertreter des Bischofs in Belarus. Viele Gemeinden wollten allerdings unabhängig sein und gemeinsam die Evangelisch-Lutherische Kirche der Republik Belarus gründen, was ELKRAS allerdings ablehnte. Dadurch kam er zur Spaltung, 2004 wurde die selbständige Evangelisch-Lutherische Kirche der Republik Belarus gegründet, zu der mittlerweile 11 Gemeinden gehören.
Die Gemeinden sind relativ verschlossen, deswegen gibt es keine genauen Angaben bezüglich die Anzahl der Gläubigen.
Gehen Sie mit uns auf Reisen und entdecken Sie die Spuren christlicher Geschichte in Belarus.